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Caspar David Friedrich - Kreidefelsen auf Rügen

von Stephan Franck


Die Rügener Kreidefelsen, wie sie einst Caspar David Friedrich darstellte, sind in ihrer von ihm bezeugten, malerischen Form nur noch in Teilen erhalten. Doch dieses Bild ist so bekannt, dass viele Menschen sofort das Bild der romantisch anmutenden Aussicht mit den sich spitz auftürmenden Kreidefelsen vor dem geistigen Auge hervorrufen können.

Das Bildgedächtnis trügt uns nicht. Als Betrachter treten wir hinein in ein wundersames Schauspiel der Verehrung der Natur. Wie ein Sog wird das Auge des Betrachters über die drei Personen, eine Frau am linken Rand und zwei Männer, über die märchenhaft anmutenden Kreidefelsen hinaus auf das Meer gelenkt. Sukzessive gleitet unser Blick entlang der Felsen. Dazwischen drängt sich ein kleines Boot und ein klar umrissenes Segelschiff befindet sich etwas aus der Mitte gerückt. Gerahmt wird die Aussicht durch ausladende Baumkronen.


So einfach strukturiert das Bild erscheinen mag, die kunsthistorische Deutungshoheit über das Winterthurer Gemälde verliert sich in zahllosen Kontroversen. Dies resultiert unmittelbar aus der Struktur und der Komposition fast aller von Friedrich konzipierten Bilder, in denen der Betrachter, neben dem Bildpersonal, eine ganz wesentliche Rolle spielt. Denn der Künstler konstruierte für den „Zuschauer“ verschiedene Erzählstrukturen übereinander und verband diese mit seinem eigenen Verlangen. Dieses changiert von einer tiefen religiösen Verbundenheit mit der Natur bis hin zu einem philosophisch-politischen Statement, das die gesellschaftlichen Umbrüche seit der Französischen Revolution nicht aus den Augen verloren hat.


Das Motiv des Blickes in die Ferne ist zum Beispiel Ausdruck einer sinnlichen Wahrnehmung des Raumes, die wir an dieser Stelle gemeinhin als „romantisch“ verkennen. Es gibt jedoch noch eine andere Dimension des Bildes - die der Abstraktion . Caspar David Friedrich stellte sein Bild als Komposition , also aus drei Ansichten zusammen. Damit kreierte er eine Umgebung, die topographisch nicht genau zu bestimmen ist und damit nur einer ungefähren Realität entspricht. Doch damit nicht genug: das Meer weist bereits die Formsprache abstrahierender Malerei auf und macht Friedrich nicht nur zu einem Maler der Romantik , sondern auch zu einem Wegbereiter der Moderne.



Caspar David Friedrich - Kreidefelsen auf Rügen

Öl auf Leinwand, 1818, 90,5 x 71 cm, Museum Oskar Reinhart in Winterthur

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