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Gerrit van Honthorst - Der Zahnarzt

von Alexandra Tuschka


Nicht umsonst erhielt der Niederländer Gerrit van Honthorst den Namen "Caravaggio von Utrecht". Licht- und Schattenführung des Bildes erinnern an den berühmten Meister. Dennoch zeigt das Bild ein "typisch" niederländisches Motiv: Ein Mann sitzt mittig in einem Stuhl. Um ihn herum haben sich einige weitere Personen interessiert versammelt. Der Zahnarzt zieht lächelnd den Kopf des Mannes nach hinten und versucht ihm rabiat mit einer Zange einen Zahn zu ziehen. Der Patient hat Schmerzen. Seine abwehrende Hand wird von einem weiteren Mann festgehalten, damit er die Prozedur nicht unterbrechen kann. Ein kleiner Junge in blauer Kleidung erleuchtet die Szene mit einer Kerze. Das Kerzenlicht jedoch schirmt er mit seiner Hand vom Betrachter ab, so dass die mittige Szene sozusagen von "innen heraus" beleuchtet wird. Das macht möglich, dass wir auch die Sicht auf die behangene Wand im Hintergrund erhaschen. Dort hängen Spiegel, Schere und Bürste. Diese Utensilien machen deutlich, dass wir uns hier in einem Innenraum, einer sogenannten "Badestube" befinden. In dieser wurden, neben Bart- und Haarschnitten auch oft das Zähne ziehen angeboten. Praxen, wie wir sie heute kennen, gab es noch nicht, ebenso wenig wie die deutlichen Abgrenzungen verschiedener medizinischer Arztberufe.

Mit diesen "Nachtbildern" stellt sich van Honthorst klar in die Folge Caravaggios, dessen Kunst er in Italien kennenlernte, wo er einige Zeit zubrachte. Van Honthorst präferierte jedoch milderes Licht als sein Lehrer. Aber diese Szene hat es dennoch in sich. Der Junge links zieht dem älteren, der uns hier als Rückenfigur präsentiert wird, unbemerkt seinen Geldbeutel aus der Tasche. Zwei weitere Personen neben ihm sind ebenso konzentriert auf die mittige Szene. Der Mann hat den Mund in Staunen geöffnet. Stecken womöglich der kleine Junge und der Zahnarzt unter einer Decke? Oder spielt vielleicht sogar der Mann auf dem Stuhl ein falsches Spiel mit dem Betrachter?


Nicht nur heute schmunzeln wir über das Thema – der "Zahnarzt" ist ein Bildmotiv, über das bereits van Honhorsts Zeitgenossen ebenso geschmunzelt haben müssen. Ein Zahnarzt war im 17. Jahrhundert in den Niederlanden keinesfalls ein angesehener Beruf. Vielmehr mischten sich unter die echten Heiler viele "Quacksalber", die ihre Patienten mit merkwürdigen Methoden behandelten. So jemandem begegnen wir auch hier - die medizinische Ausbildung des Zahnarztes in diesem Bild scheint höchst zweifelhaft zu sein. Diese Genreszenen waren bei der höheren Bürgerschicht beliebt. Solche Bilder hingen nicht selten in Stuben, und führten dem besser-gebildeten Publikum die Einfältigkeit der niederen Schichten vor. Die extremen emotionalen Regungen waren in diesen Kreisen nicht "en vouge", aber umso amüsanter, sie in solchen Bildern so unverfroren präsentiert zu bekommen.



Gerrit van Honthorst - Der Zahnarzt

Öl auf Leinwand, 1622, 147 x 219 cm, Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden


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