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Jacob Jordaens - Der Bohnenkönig

von Alexandra Tuschka


Der Warnspruch, der über dem Bild thront, scheint hier Niemanden zu interessieren: «Nil similius insano quam ebrius» — «Nichts gleicht einem Irren mehr als ein Betrunkener». Im Gegenteil, hier wird gerade das Glas erhoben. Denn wenn der alte Mann am rechten Bildrand ruft «Der König trinkt!» gilt das für alle Anwesenden.

Was wir hier sehen, ist eine alte Tradition, die am 6. Januar — dem Dreikönigstag — in weiten Teilen der Niederlande des 17. Jahrhunderts gefeiert wurde. Dazu wird in den Königskuchen, der hier angeschnitten auf dem Tisch steht, eine Bohne gebacken. Wer diese in seinem Stück findet, wird König. Er darf sich die schönste Frau des Abends zur Königin wählen. Offenbar galt in diesem Fall jedoch das Losverfahren. Denn die Königin hat sich ihr Los unverwechselbar an die Schulter gepinnt. Sie ist hell erleuchtet neben dem König dargestellt und scheint das Spektakel nicht ganz geheuer zu finden. Sie führt unsicher die Gabel zum Teller, schaut abwesend und wirkt auch durch die Lichtführung ein wenig entrückt. Sie ist neben der Krone mit allerlei Perlenschmuck ausgestattet. Sie sieht viel authentischer aus als der beleibte König mit seiner Krone aus versteiftem Goldpapier. Ihre Entrücktheit erinnert an Rembrandts Delila.

Auch die anderen «Hofämter» wurden durch ein Losverfahren bestimmt. Zwei der Lose liegen schon achtlos auf dem Boden: der «Hofmester» und der «Senger». Andere zeichnen sich durch das Anstecken an die Kleidung weiterhin aus. Der Mann mit dem Fisch ist Vorschneider, der sich übergebende Trinker ist «Mediziner». In dieser Figur treibt Jordaens das Losspiel ad absurdum. In der Mitte des Bilder sehen wir in der Seitenansicht einen Mann das Glas erheben; dahinter ein Narren-ähnlicher Alter, der seine Gesicht zum Prosten verzieht. Einige Frauen versuchen kokett mit dem Betrachter Blickkontakt aufzunehmen.

Der Spiegel suggeriert noch weitere Personen, vom Winkel her vielleicht neben dem Betrachter. Auch das Fenster verrät uns, dass es noch hell ist. So ein Gelage konnte schon einmal von Mittag bis Mitternacht dauern. Das erklärt auch die Anwesenheit der Kinder. Eins nimmt im Vordergrund gerade einen Schluck aus dem Glas, den ein Hund gierig beneidet. Vermutlich standen Jordaens hier Familienmitglieder und Angestellte Modell. Im König porträtierte er seinen Schwiegervater Adam van Noort. Keinesfalls sollte dies eine Diffamierung bedeuten, vielmehr eine liebevolle Anerkennung; denn van Noort war ebenfalls Maler und Lehrer Jordaens. Diesem Thema widmete sich der Flame mindestens sechs Mal; man findet es auch unter dem Titel «Der König trinkt».



Jacob Jordaens - Der Bohnenkönig

Öl auf Leinwand, 1640, 242 × 300 cm, Kunsthistorisches Museum in Wien

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