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Jacopo Tintoretto - Susanna im Bade

von Alexandra Tuschka


Die Episode der «Susanna im Bade» findet sich im apokryphen Text Daniel. Obwohl sie somit kein Bestandteil der offiziellen Bibel ist, erfreute sich das Thema in der Renaissance großer Beliebtheit. Susanne, die beim Baden von zwei alten Männern beobachtet wird, bemerkt diese nicht. Die zwei Alten nähern sich ihr und drohen, sie anzuschwärzen, wenn sie sich nicht mit ihnen vereinigen sollte. Susanna ist gottesfürchtig und ihrem Ehemann treu und lehnt ab.

Bevorzugt wählten die Künstler zwei dramaturgisch relevante Momente – die Belauerung der Greise und der Angriff selbst. Der italienische Maler Tintoretto entschied sich für eine Szene voller Intimität und wenig Dynamik. Tintoretto entfernte sich von der überwiegend erzählenden Haltung seiner Vorgänger und machte die Toilette einer jungen, schönen Frau zum Hauptthema des Werkes; die im Hintergrund befindlichen zwei Alten sichern den Wiedererkennungswert des Motivs und erhöhen dessen erotischen Gehalt.


Susanna sitzt im rechten Bildrand vor einem Spiegel und betrachtet sich. Die junge Frau ist hell erleuchtet und großformatig im rechten Bildteil; ein Bein ragt noch ins Wasser – ein Motiv, welches auf die weibliche Sexualität anspielt und in Zukunft von vielen Künstlern kopiert werden sollte.

Der Spiegel lehnt an einer mit Rosen bewachsenen Hecke, die einen abgeschirmten, geschützten Platz für die Badende bietet und zudem einen rasanten Zug in die Tiefe hervorruft. Am Ende der Hecke ist einer der Richter zu erkennen, der andere im linken Bildvordergrund. Er liegt auf dem Boden und versucht, um die Absperrung spähend, einen Blick auf die junge Frau zu erhaschen. Die beiden Männer tragen rote Kleidung und lange Bärte. Außerdem lichtet sich ihr weißes Haar bereits am Oberkopf.

Es gibt jedoch einen dritten heimlichen Beobachter - auch das Augenpaar des Betrachters gesellt sich zu den Lüstlingen im Bild. Dieser verwehrt Susanna durch seine Position vor der Leinwand zusätzlich die Fluchtmöglichkeit nach vorn. Sie aber betrachtet sich andächtig im Spiegel; gewiss hat sie die Eindringlinge noch nicht wahrgenommen. Auch wir können die junge Dame in Ruhe in ihrer ganzen Schönheit mustern. Ohne Mühe haben wir die bessere Sicht auf den Frauenkörper und müssen dennoch nicht fürchten, für unsere Augenlust das gleiche Opfer bringen zu müssen wie die Alten.


Verstärkt wird das Spiel mit der Betrachterrolle noch durch den Autovoyeurismus Susannas. Mit dieser Darstellung entfernt sie sich von ihrer angestammten Rolle als fromme und prüde Ehefrau und stellt vielmehr ihre Eitelkeit und Sexualität zur Schau. Weiterhin brachte Tintoretto Tiersymboliken im Bild unter, die klassische narrative Momente ersetzen: der Hirsch im linken Hintergrund steht für die Wollust, die Enten symbolisieren die eheliche Treue und die oberhalb Susannas befindliche Elster deutet die bevorstehende Verleumdung an.


Jacopo Tintoretto - Susanna im Bade

Öl auf Leinwand, 1555/56, 146 × 193,6 cm, Kunsthistorisches Museum in Wien

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