Motive, Symbole, Figuren
Was sind die Evangelistensymbole?
Die Zuordnung der Evangelistensymbole lässt sich auf zwei Bibelstellen zurückführen. Im alten Testament beschreibt Ezechiel in seiner Version der Auferweckung Israels 4 geflügelte Wesen, die vor Gottes Thron erscheinen. Diese vier Gestalten – zusammen „Tetramorph“ genannt sind bei Raffaels Darstellung dieser Episode gut zu erkennen. Links oben ein Engel, darunter ein Löwe, rechts daneben der Stier und darüber der Adler.
Ez Kap 10 – 13,14:
Und die Räder wurden vor meinen Ohren »das Räderwerk« genannt.
Ein jeder hatte vier Angesichter; das erste Angesicht war das eines Cherubs, das zweite das eines Menschen, das dritte das eines Löwen, das vierte das eines Adlers.
Diese Vision ist aufgrund der sehr konkreten Beschreibung und der Auferstehungshoffnung auch ein eigenständiges Bildthema wie hier. Der Seher ist bei Raffael links unten klein zu sehen, nur das Element des Lichtstrahles verbindet beide Bildebenen. Die Figur Gottes ist halbnackt und erinnert an Zeus oder Jupiter-Darstellungen dieser Zeit, mit braunem Vollbart und muskulösem Körper.
Die zweite relevante Bibelstelle finden wir in der Johannes Offenbarung. Hier wird von ganz ähnlichen vier Gestalten gesprochen, die den Thron Gottes umrahmen. «Und vor dem Thron war es wie ein gläsernes Meer, gleich dem Kristall, und in der Mitte am Thron und um den Thron vier himmlische Gestalten, voller Augen vorn und hinten. Und die erste Gestalt war gleich einem Löwen, und die zweite Gestalt war gleich einem Stier, und die dritte Gestalt hatte ein Antlitz wie ein Mensch, und die vierte Gestalt war gleich einem fliegenden Adler. Und eine jede der vier Gestalten hatte sechs Flügel, und sie waren außen und innen voller Augen, und sie hatten keine Ruhe Tag und Nacht» Apk. 4, 6-8
In der mittelalterlichen Bildsprache bis in die Renaissance hinein sind diese Wesen auf Portalen, in Bibelillustrationen oder Altarbildern der Apokalypse zu sehen, wo die vier Wesen den Thron flankieren.
Dass diese nun mit den vier Evangelisten in Verbindung gebracht wurden, geht zu großen Teilen auf den hlg Hieronymus zurück, der im 5. Jahrhundert die Festschreibung in einem Kommentar formulierte. Die vier Evangelien, die übersetzt „die frohe Botschaft“ heißen, unterscheiden sich in ihren Schwerpunkten und in Aspekten ihrer Beschreibungen. Dass es überhaupt mehrere Evangelien gibt, lässt sich auch darauf zurückführen, dass man viele Dimensionen des Wirken des Heilands einfangen wollte. Die Namen bekamen die Evangelien nach ihrem Schriftsteller.
So kann man auch die Tiere inhaltlich diesen zuordnen:
Das Markus Evangelium ist das älteste und kürzeste. Es beginnt mit Johannes dem Täufer, dem „Rufer in der Wüste“, weshalb ihm der Löwe, der ebenfalls in der Wüste lebt und dort ruft bzw. brüllt zugeordnet ist.
Matthäus beginnt mit dem Menschlichen Stammbaum Jesu, das menschliche gleicht dem Engel am meisten, welcher sein Symbol wurde. Sein Evangelium beginnt mit dem Stieropfer des Zacharias, so dass der Stier als Opfertier diesem Evangelium zugeordnet wurde. Johannes beginnt mit vielen Jesusworten am Anfang, die sich wie ein Adler in die Höhe schwingen.
In diesem Werk von Rubens haben sich alle vier Evangelien zusammengefunden
Obwohl nicht zweifelsfrei aus der Bibel hervorgeht, dass der Autor Johannes auch dem Lieblingsjünger Johannes gleichkommt, wird er in der bildenden Kunst zu einer Person und so entspricht der Evangelist dessen Ikonografie. Er ist stets als bartloser, etwas androgyner, junger Mann dargestellt und steht so im Kontrast zu den anderen drei, die meist bärtige, ältere Männer sind und grundsätzlich gegeneinander austauschbar. Hier sieht man sie beim Empfangen der göttlichen Botschaft. In der nordalpinen Malerei ist dieses Gemälde eines der wenigen, das alle vier Evangelisten gemeinsam in einer Szene zeigt. Die Attributstiere sind natürlich hinzugefügt.
Unter den Evangelien ist Matthäus auf Einzelwerken am populärsten. Das liegt einerseits daran, dass es lange Zeit als das wichtigste der Evangelien galt, da es von einem Apostel geschrieben wurde und man es als das älteste ansah, weshalb es auch den Beginn des neuen Testaments begründet. Auch bietet sich die Interaktion eines Engels mit einem Apostel für schöne Bild Lösungen an. In der Regel wird Matthäus im Moment der göttlichen Überbringung gezeigt. Er wird meist schreibend an einem Pult oder Tisch mit Schreibfeder, Bücher, Schriftrollen oder ähnlichem. Er ist meist älter, trägt Bart und hat oft schon ein paar Haare verloren. Der Engel macht das Bildthema dann eindeutig identifizierbar.