Der „Knabe mit der roten Weste“ erlangte 2008 traurige Berühmtheit als es in dem „größten Kunstraub Europas“ mitsamt drei anderer Gemälde aus der Sammlung Bührle in Zürich gestohlen wurde. Vier Jahre später tauchte das Werk in Serbien wieder auf und hängt heute in der Ursprungssammlung.
Es ist eines von insgesamt sechs Werken, die der Maler vom italienischen Berufsmodell Michelangelo di Rosa anfertigte. Vier Ölgemälde und zwei Aquarelle zeigen den jungen Mann in roter Weste, der den Werken seinen Namen verlieh. In dem Werk, welches heute im Metropolitan Museum of Art hängt, zeigt Cezanne den Mann im Profil mit hängenden Schultern; die Hände müde im Schoße übereinander gefaltet. Der grüne Vorhang und der braune Balken im Hintergrund machen die Umgebung beider Werke, obwohl reduziert, erkennbar.
In diesem stützt der junge Mann seinen Kopf gelangweilt in seinen Arm. Dieser ist unnatürlich in die Länge gezogen und dominiert den vorderen Bildraum. Das Werk scheint ganz der Farbe gewidmet zu sein. Rot, braun, blau, blau-grün und weiß stehen hier in klaren Flächen nebeneinander. Die Kleidung des Jungen ist folkloristisch: Die rote Weste, das blaue Halstuch, die blaue Hose und das weiße Hemd vervollständigen die klare Komposition . Der grüne Vorhang schließt das Werk am linken Bildrand.
Eine Reihe von Diagonalen greifen hier ineinander. So stehen die Kompositionslinien des Vorhangs, des Rückens und des Bauches denen der Arme gegenüber. Stringente Perspektive interessierte Cézanne nicht - das Bild verzichtet auf viel Tiefenraum, indem es die Flächen nahezu kubistisch nebeneinanderstellt. Auch die blau-grünen Schatten auf Haut und Hemd vereinheitlichen das Bild. Die beruhigte Alltagsszene hier unterlag dem Anspruch des Künstlers, die Dreidimensionalität auf die zweidimensionale Leinwand zu übersetzen und tieferliegende Strukturen der umgebenden Welt zu erforschen.
Paul Cézanne - Knabe mit der roten Weste
Öl auf Leinwand, 1888/90, 79,5 x 64 cm, Stiftung Sammlung E. G. Bührle in Zürich